Bildungsminister Andreas Stoch, Schülervertreter der Privatschulen Kevin Erath, Rektorin der WRS Dornstetten Sonja Beck, Bundestagsabgeordnete Saskia Esken, Christa Dengler
Artikel: Schwarzwälder Bote vom 23.04.2018
Keine Lust mehr auf ideologische Reformitis
Bildung - Forum in Dornstetten zum Thema Schulentwicklung / Mehrheitsmeinung: Bewährtes soll fortgeführt werden Was braucht Schule? Dieser Frage gingen die Teilnehmer des Bildungsforums in Dornstetten nach. Mit dabei war der ehemalige Bildungsminister Andreas Stoch.
Bildungsminister Andreas Stoch, Schülervertreter der Privatschulen Kevin Erath, Rektorin der WRS Dornstetten Sonja Beck, Bundestagsabgeordnete Saskia Esken, Christa Dengler
Kreis Freudenstadt. Dazu geladen waren die bildungspolitischen Sprecher aller Parteien des Landtags, Gewerkschaftsvertreter, Schulleitungen, Lehrer, Elternvertreter, Schülervertreter, Schulsozialarbeiter, Jugendreferenten, Vertreter von sozialen Einrichtungen bis hin zu Eltern. Fast alle diese Bereiche seien vertreten gewesen. Aus Sicht der Veranstalter hätten allerdings mehr Gäste kommen können, das Thema sei schließlich dringlich. »Dies bedauern wir sehr, zumal eine positive Schulentwicklung gleichzeitig eine Investition für eine gesunde Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen und somit unserer Gesellschaft bedeutet«, hieß es. Auch bemängelt der SPD-Ortsverein Dornstetten, dass eine überparteiliche Diskussion der politischen Abgeordneten nicht geführt werden konnte, weil viele Parteien nicht vertreten waren. Ebenso gehe diese Kritik an die Gewerkschaften. Trotzdem sei eine sehr lebhafte, konstruktive Diskussion zustande gekommen. Die Kernfrage lautete: Wie viel soziales Lernen braucht Schule? Sie sei durch eine anschauliche Präsentation von Christa Dengler erörtert worden. Ihr Fazit: »Schule braucht mehr.« Die Präsentation bildete den Einstieg in die Diskussionsrunde mit folgenden Teilnehmern: die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken, der SPD- Landtagsabgeordnete und ehemaliger Kultusminister Andreas Stoch, die Rektorin der Werkrealschule Dornstetten Sonja Beck, der Landesschülervertreter Kevin Erath und die Sozialpädagogin Christa Dengler. Das Publikum habe sich nach den Statements rege an der Debatte beteiligt. Stoch gestand ein, dass die Strukturen im Bildungssystem zu statisch seien. Auf Probleme könne nicht schnell genug reagiert werden. Als Beispiel nannte er eine 30-jährige Schulversuchsphase für Ganztagsschulen. Auch die Schulsozialarbeit sei lange Zeit verkannt worden, da sie anfänglich nur an Brennpunktschulen eingesetzt und deshalb lange stigmatisiert worden sei. Er stellte die Forderung auf, dass Schule sich zwingend mit den gesellschaftlichen Veränderungen im Gleichschritt entwickeln müsse, was bisher nicht geschafft worden sei. Die Leitperspektive der Schule müsse die Lebenskompetenzförderung und die Gesundheit sein. Jedoch sei die Tradition der Halbtagsschule hierfür nicht mehr geeignet, sondern es setze eine Ganztagsschule in Kooperation mit Eltern und außerschulischen sozialpädagogischen Angeboten voraus. Esken war der Meinung, dass diese Thematik nicht in einem zusätzlichen Schulfach angegangen werden solle, da soziales Lernen in allen Fächern automatisch stattfinden müsse. Diese Aussage jedoch entsprach nicht dem Meinungsbild der Veranstaltungsteilnehmer, die doch eher der Ansicht sind, dass in der Schule ein eigenes Fach für die Förderung von sozialen Kompetenzen eingerichtet werden müsste. Die Ansicht von Esken wurde auch von Schulleiterin Beck vertreten. Jedoch bemängelte sie, dass die Landespolitik die Hauptschule und die Werkrealschule zum Aussterben verurteilen wollte und dadurch die notwendige Unterstützung fehlte. Schülervertreter Erath führte an, dass aufgrund der Problematik freie und private Einrichtungen vermehrt Zulauf haben. Von den Teilnehmern wurde unter anderem gefordert, dass das Konzept der Bildungspolitik sich nicht länger mehr an den »Ideen« der jeweiligen Kultusminister ausrichten dürfe, sondern es müsse Gutes und Bewährtes fortgeführt und weiterentwickelt werden. Aus dem Publikum kam ebenfalls klar die Forderung, dass auf die gesellschaftlichen Veränderungen mit Wertevermittlung reagiert werden müsse. Auch wurde festgestellt, dass Schulentwicklung nicht nur die Schüler, sondern die Schule insgesamt ins Visier nehmen muss. Wertevermittlung wichtig Dabei wurde auch die Lehrerausbildung angesprochen; insbesondere sei auch das Studium zum Gymnasiallehrer zu überdenken. Gleichzeitig sollte eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Eltern und Pädagogen auf Augenhöhe stattfinden. Weiterhin brauche es neue Formen der Kooperation, um eine lebendige Kultur des Miteinanders zu gewährleisten. Im Herbst gibt es voraussichtlich eine Fortsetzung der Veranstaltung in Loßburg.